Loggen Sie sich in Ihren HMIS Account ein
Fachhochschule JOANNEUM Bad Gleichenberg
Trotz strenger gesetzlicher Vorgaben gelingt es dem Diätologie-Studiengang der FH JOANNEUM, internationale Mobilität strukturell zu verankern – innovativ, nachhaltig und mit Vorbildwirkung.
© Fabian Hasler
Das Ziel dieser Maßnahme ist die systematische Internationalisierung des Curriculums im Bachelorstudiengang Diätologie an der FH JOANNEUM unter besonderer Berücksichtigung gesetzlicher Rahmenbedingungen für medizinisch-therapeutisch-diagnostische Gesundheitsberufe (MTDGB). Die gesetzliche Verankerung vieler Lehrinhalte reglementiert stark die Möglichkeiten eines Auslandssemesters. Zudem erschweren die in die einzelnen Semester integrierten Praktikumsphasen und speziellen Eigenheiten von Praktika in therapeutischen Berufen Auslandsmobilitäten für Studierende der Diätologie. Der Studiengang ist daher besonders bestrebt, auch jenen Studierenden, die keinen längeren Auslandsaufenthalt absolvieren, Gelegenheiten zum Lernen im internationalen Kontext zu geben. Im Fokus der Internationalisierung des Studiengangs stehen daher neben der Ermöglichung eines Auslandssemesters im 5. Semester, die Integration von internationaler, kollaborativer Online-Lehre (COIL), die strategische Implementierung eines Blended Intensive Programme (BIP) als Wahlpflichtfach, sowie die Sensibilisierung von Studierenden und Lehrenden für die Relevanz internationaler und interkultureller Kompetenzen. Die Zielgruppen sind sowohl Diätologie-Studierende als auch der interne Lehrkörper des Studiengangs Diätologie. Mit dem strukturell verankerten, systemischen Ansatz schafft der Studiengang beispielhafte Rahmenbedingungen für Internationalisierung im MTDGB-Bereich und positioniert sich damit als innovativer Wegbereiter für Mobilität und interkulturelle Kompetenz. Diese Maßnahme ist eng an die strategischen Ziele der Hochschulmobilitäts- und Internationalisierungsstrategie gekoppelt, insbesondere an das Ziel, eine umfassende Internationalisierungskultur an Hochschulen zu fördern.
Der Diätologie-Studiengang der FH JOANNEUM ermöglicht ein Auslandssemester – eine Lösung, die im Spannungsfeld zwischen Qualitätsanspruch, gesetzlicher Reglementierung und Internationalisierung entwickelt wurde. Während andere MTDGB-Studiengänge Mobilitäten, insbesondere Auslandssemester, oft aufgrund gesetzlicher Hürden ausschließen, hat das Diätologie-Team der FH JOANNEUM im Rahmen einer Curriculumsanpassung eine innovative Lösung umgesetzt: Im Curriculum wurde das 5. Semester bewusst so gestaltet, dass nahezu alle gesetzlich verpflichtenden Inhalte auf andere Semester verlagert wurden. So wird ein Mobilitätsfenster geschaffen, das Studierenden ein vollständiges Auslandssemester ohne Studienzeitverlängerung ermöglicht. Gleichzeitig wurde deutlich, dass internationale Hochschulen mit englischsprachigem Diätologie-Angebot selten sind. Deshalb wurde eine Anerkennungskultur etabliert, die gleichwertige Inhalte auch bei fachlicher Andersartigkeit akzeptiert. Dieser Kulturwandel basiert auf Offenheit und der Bereitschaft zur Flexibilisierung etablierter Strukturen. Dabei wurde sichergestellt, dass sämtliche in der FH-MTD-Ausbildungsverordnung definierten Kompetenzen trotz inhaltlicher Flexibilität vollständig und qualitätsgesichert erworben werden können. Zudem wurde mit dem BIP „VULCANO“ ein internationaler Lehr-/Lernkontext direkt im Curriculum verankert. Als eines von zwei wählbaren Wahlpflichtfächern im 6. Semester kombiniert das BIP physische und virtuelle Mobilität und ermöglicht internationalen, interprofessionellen Austausch innerhalb eines regulären Studiensemesters. Durch die Einbindung des BIP in das Curriculum wird Internationalisierung nicht als freiwilliges Zusatzangebot, sondern als gleichwertiger, nachhaltiger Bestandteil des regulären Studiums umgesetzt. Es steht für die Einbettung internationaler Zusammenarbeit in den regionalen Kontext des steirischen Vulkanlands, in dem sich der Campus befindet.
• Curriculumsanpassung: Das 5. Semester wurde so angepasst, dass es als Auslandssemester genutzt werden kann. Gesetzlich geregelte Inhalte werden in anderen Semestern abgedeckt. Die Einbeziehung der internationalen Koordination in Curriculumsanpassungen kann die Internationalisierung vorantreiben, da diese Mobilitätsfenster im Studienverlauf mitdenken und internationale Lernangebote ermöglichen kann. Im Zuge der letzten Curriculumsänderung wurden z.B. adäquate Rahmenbedingungen für BIPs geschaffen, indem der Umfang der Wahlpflichtfächer auf 3 ECTS erhöht wurde. Für ein Auslandspraktikum steht das 4. Semester zur Verfügung, dessen Umfang so festgelegt wurde, dass es die Voraussetzung für ein ERASMUS+-Stipendium erfüllt. • Etablierung eines BIP: Ein BIP ist als Wahlpflichtfach im 6. Semester curricular verankert. Das Ziel des BIP ist, die Kompetenzen der Studierenden im Umgang mit vulnerablen Gruppen zu stärken, indem sie im Austausch mit internationalen Kolleg:innen und Lehrenden ihre Perspektiven erweitern. • Flexibilisierung der Anerkennung bei Auslandssemestern: Intern wurde eine Haltung gefördert, die Gleichwertigkeit vor Deckungsgleichheit stellt. Kulanz bei der Anerkennung von Lehrveranstaltungen im Ausland ermöglicht individuelle Lernwege und motiviert zur Mobilität. • Integration virtueller Mobilitäten (COIL): Im 1. und 6. Semester arbeiten Studierende virtuell mit internationalen Partnerhochschulen zusammen. Dies schafft niederschwellige Erstkontakte mit internationalem Lernen. • Sensibilisierung von Lehrenden und Studierenden: Internationale Erfahrungen von Lehrenden werden als Vorbilder hervorgehoben und deren Mehrwert aufgezeigt. Die internationale Koordination und Studiengangsleitung begleiten und unterstützen aktiv im Mobilitätsprozess. Bereits im 1. Semester werden Studierende für Internationalisierung sensibilisiert, u.a. durch einen „International Day“. Ziel ist die Auseinandersetzung mit Auslandsmobilitäten und der Relevanz von Internationalisierung
Die Ergebnisse der strukturellen Internationalisierung sind vielfältig. So konnte die Auslandsmobilität unter Diätologie-Studierenden attraktiviert werden: Trotz gesetzlicher Besonderheiten und erschwerten Bedingungen haben innerhalb der letzten drei Jahre 25,5 % der Studierenden eine Auslandsmobilität in Form eines Studiums oder Praktikums absolviert. Zusätzlich nahmen seit 2023 ein Drittel aller Diätologie-Studierenden am curricular verankerten BIP „VULCANO“ teil. Mit dem BIP wurde eine internationale Mobilitätsphase ohne logistischen Mehraufwand in den Studiengang integriert. Das Diätologie-Studium an der FH JOANNEUM nimmt damit eine Vorbildfunktion ein, insbesondere im MTDGB-Bereich, wo gesetzliche Vorgaben häufig als Hemmnis für Auslandsmobilitäten gesehen werden. Das entwickelte Modell wird hochschulintern als „Good Practice“ angesehen und inspiriert weitere Gesundheitsstudiengänge, Mobilität strukturell zu ermöglichen. Auch die virtuelle internationale Zusammenarbeit hat sich mittlerweile als fester Bestandteil des Curriculums etabliert und ergänzt physische Mobilität um digitale Lernräume. Durch die kontinuierliche Einbindung internationaler Perspektiven auf curricularer, didaktischer und personeller Ebene wird nicht nur der Kompetenzerwerb der Studierenden gefördert, sondern auch die gesamte Internationalisierungsstrategie des Studiengangs nachhaltig gestärkt. Insgesamt 16 Partnerhochschulen umfasst das Netzwerk des Studiengangs, darunter befinden sich zwei nicht-europäische Hochschulen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Maßnahmenbündel auf die spezifischen Anforderungen von Diätologie-Studierenden abgestimmt ist und strukturelle Hürden lösungsorientiert adressiert. Das Projekt demonstriert exemplarisch, wie selbst in einem hochregulierten Bereich strukturverändernde Internationalisierung möglich ist, mit Signalwirkung über die eigene Institution hinaus.
Im Laufe der Umsetzung haben sich zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert. Eine der wichtigsten: Gesetzliche Rahmenbedingungen sind durchaus gestaltbar – vorausgesetzt, es wird frühzeitig, strategisch und mit institutioneller Unterstützung gehandelt. Die bewusste Gestaltung des Mobilitätssemesters war dabei ein entscheidender Hebel. Virtuelle Mobilitätsformate wie COIL haben sich als niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeiten erwiesen, insbesondere für Studierende mit Mobilitätsbarrieren. Sie fördern internationale Kontakte und tragen dazu bei, Internationalität als selbstverständlichen Bestandteil des Studiums zu etablieren. Zugleich wurde klar, dass Internationalisierung nicht allein von strukturellen Maßnahmen getragen wird, sondern vor allem eine Frage der Haltung ist. Offenheit gegenüber anderen Bildungssystemen, Sprachen und Lehransätzen ist dabei die Grundlage für nachhaltigen Erfolg. Sowohl Lehrende als auch Studierende müssen überzeugt und begleitet werden, vor allem durch gezielte Sensibilisierung, Erfahrungsaustausch und die Schaffung unterstützender Strukturen. Die bewusste und proaktive Auseinandersetzung mit internationalen Möglichkeiten und die Vermittlung der Wertehaltung hinsichtlich Internationalisierung sowie deren Relevanz bereits im 1. Semester kann auch die Haltung von Studierenden im Positiven beeinflussen. Nicht zuletzt hat sich das BIP „VULCANO“ als besonders wirkungsvoll erwiesen, da dadurch ein internationales Angebot einfach in ein bestehendes Curriculum integriert werden konnte und seither internationale Erfahrungen ohne Mehraufwand ermöglicht werden können. Strukturelle Barrieren für Auslandsmobilität im Gesundheitsbereich abzubauen, erfordert einen langfristigen Entwicklungsprozess. Das Leitprinzip, eine umfassende Internationalisierungskultur zu etablieren sollte angestrebt werden, indem eine curriculare Verankerung von internationalen Mobilitäten und nachhaltige Strukturen punktuelle Maßnahmen ersetzen.
Um sich weitere Beispiele guter Praxis bzw. Beispiele anderer Hochschulen ansehen zu können, klicken Sie bitte auf den untenstehenden Button: