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Vor dem Hintergrund einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft und den gleichzeitig sich rasant verändernden Anforderungen seitens des Arbeitsmarktes ist es von wesentlicher Bedeutung, dass alle Studierenden – auch jene, die nur eingeschränkt mobil werden können – die Möglichkeit bekommen, eine Mobilitätserfahrung zu machen.
Empfehlung 1
Breites Spektrum an Mobilitätsformaten - Curriculare Integration und Weiterentwicklung
Es wird empfohlen, nicht-traditionelle und innovative Mobilitätsformen den traditionellen gleichzustellen und wertzuschätzen und damit internationales sowie kulturreflexives Lernen und Lehren als Notwendigkeit und Verpflichtung im Selbstverständnis der Hochschule wahrzunehmen. Dabei ist auf die Bedürfnisse unterrepräsentierter Studierendengruppen Bedacht zu nehmen. Für diese Gruppen wären adäquate curriculare Möglichkeiten zu schaffen und somit eine Verlängerung des Studiums oder einen deutlich erhöhten Workload in Folgesemestern zu verhindern. Die Entwicklung und Kommunikation von Good Practice Beispielen für verschiedene Disziplinen wird angeregt. Neben den Empfehlungen hinsichtlich >> innovativer, nicht-traditioneller Mobilitätsformate wurden zusätzlich die nachfolgend dargestellten Empfehlungen mit speziellem Fokus auf unterrepräsentierte Studierendengruppen erarbeitet:
- Entwicklung von niederschwelligen (kurzen) Mobilitätsangeboten entsprechend der Diversität der Studierendenschaft, auch im Sinne eines Anreizes für mehr und /oder längere Mobilitäten - Einbeziehung von Expert/inn/en des Diversity Managements zur Integration von geeigneten Mobilitätsfenstern und Mobilitätsoptionen für unterrepräsentierte Studierendengruppen
- Verstärkter Einsatz von Blendend Learning inklusive virtueller Mobilität sowie Schaffung transparenter und fairer Beurteilungs- und Anerkennungsstrukturen. Des Weiteren umfassende Information von Inhalt, Methode und Beurteilungskriterien im Sinne größtmöglicher Transparenz
- Verstärkter Einsatz von (internationalen) Abend-Lehrveranstaltungen und Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen, um Berufstätigkeit und Betreuungspflichten besser vereinbaren zu können
- Berücksichtigung der individuellen Situation bei Studierenden mit besonderen Bedürfnissen durch differenzierte Regelung und Anerkennung der Anzahl zu leistender ECTS Credits während der Mobilität
- Nachhaltige (finanzielle) technische und räumliche Ausstattungen zur Unterstützung von nicht-traditionellen und innovativen Mobilitäten wie virtual mobility insbesondere für unterrepräsentierte Studierendengruppen
Empfehlung 2
Optimierung der Datenlage und der Kennzahlen in Bezug auf unterrepräsentierte Studierendengruppen
Es wird empfohlen, Daten über Mobilitäten und mobilitätsfördernde und – hemmende Faktoren in Bezug auf unterrepräsentierte Studierendengruppen zu erfassen und die Interpretation und Analyse bei Bedarf gemeinsam mit den Hochschulinstitutionen vorzunehmen. Dies sollte auch die systematische Sammlung und Verteilung von Good Practice Beispielen einschließen. Die Rezeption der statistischen Daten über Mobilitäten unterrepräsentierter Studierendengruppen (z.B. aus der Studierenden-Sozialerhebung) bzw. die Nutzung dieser Daten zur Entwicklung von konkreten Maßnahmen an den Hochschulen sollte durch Expertise und Wissensaustausch unterstützt werden. An den Hochschulen sollten personelle Ressourcen geschaffen werden, die es ermöglichen, diese Daten entsprechend zu interpretieren sowie Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Entwicklung von konkreten Maßnahmen führen. Alle in diesem Kontext gesetzten Maßnahmen sind im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung vorzunehmen.
- Verbesserung und Vereinfachung der statistischen Erfassung von unterrepräsentierten Studierenden und deren Mobilitäten, sowie von mobilitätshemmenden/-fördernden Faktoren und Dissemination (z.B. Tabellenbände für Hochschulen aus der Studierendensozialerhebung). Heranziehung der gemeinsam zu analysierenden Daten für die Maßnahmenentwicklung auf institutioneller Ebene
- Aufbereitung von Mobilitätserfahrungsberichten, die der Diversität der Studierendenschaft gerecht werden und Informationen über institutionelle Unterstützungsstrukturen an den aufnehmenden Hochschulen beinhalten
- Beteiligung unterrepräsentierter Studierendengruppen an der Entwicklung von mobilitätsfördernden Maßnahmen auf Grundlage einer Bedarfsanalyse (was brauchen, wünschen sich die Personen) und der Evaluation bestehender Maßnahmen
- Anerkennung und Darstellung individueller Anstrengungen der Hochschulen im Sinne des Good Practice und des Benchmarkings durch das Sichtbarmachen von Leuchtturmprojekten einzelner Institutionen und Good Practice Beispielen, z.B. über eine Online-Plattform
Empfehlung 3
Kapazitäts- und Wissensaufbau sowie adäquate Kommunikation zur Mobilität unterrepräsentierter Studierendengruppen
Ein wissensbasierter Kapazitätsaufbau und Erfahrungsaustausch aller involvierten Hochschulmitarbeiter/inn/en zur Mobilität unterrepräsentierter Studierendengruppen wird empfohlen. Oftmals wurde/wird nicht zwischen diversen Gruppen unterschieden und/oder es wurden nur individuelle Lösungen mit wenig Potenzial gefunden, auf deren Basis es nicht möglich ist, generalisierbare Prozesse zu entwickeln.
Um die Auseinandersetzung mit vorhandenen Evidenzen zu fördern, bedarf es der Einplanung ausreichender (personeller) Ressourcen innerhalb der Hochschulen. Wissen über Bildungsbiografien und Mobilitätsaffinitäten von unterrepräsentierten Studierendengruppen unterstützt die Schaffung institutioneller Strukturen und Kommunikationsprozesse sowie die Entwicklung von Maßnahmen, die geeignet sind, die Mobilität dieser Studierendengruppen zu fördern und zu steigern.
Weiters wird eine Überprüfung der Kommunikationslinien innerhalb der Hochschule, zwischen Hochschulen sowie mit Arbeitgeber/inn/en, Behörden und Betreuungs-/Serviceeinrichtungen empfohlen. Dies gilt ebenso für die Gestaltung entsprechender Prozesse und deren Integration in das institutionelle Qualitätsmanagement.
- Bündelung und Vernetzung der hochschulintern vorhandenen, an unterschiedlichen Stellen verankerten Expertise, insbesondere zwischen den Zuständigen für Internationalisierung, Gleichstellung und Diversität sowie Behindertenansprechpersonen (z.B. über das Netzwerk „uniability“); Vernetzung der hochschulinternen Hochschulforscher/inn/en in nationalen und internationalen Netzwerken (z.B. Österreichisches Netzwerk für Hochschulforschung)
- Förderung der Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, NGOs, NPOs, Agenturen, spezialisierten Universitätsnetzwerken und internationalen Hochschulvereinigungen in europäischen Knowhow-Transfer- und Kapazitätsprojekten
- Nutzung internationaler Weiterbildungsformate für Hochschulpersonal mit Studierendenkontakt wie themenspezifische Summer Schools, Peer-to-Peer-Tagungen mit internationalen Expert/inn/en größerer europäischer Universitäten oder internationaler Agenturen
- Sensibilisierung und strukturell verankerte Weiterbildung der Lehrenden (z.B. in Form von Zielvereinbarungen und Anerkennung für den Karriereverlauf) hinsichtlich ihrer Diversitäts-Kompetenzen und entsprechender methodischer und didaktischer Fähigkeiten
- Sammlung und Verteilung von internationalen Good Practice Beispielen an den Hochschulen unter Berücksichtigung bestehender Projekte und deren Ergebnissen (z.B. Nutzung der europäischen Plattform für inklusive Mobilität / Mobilität von Personen mit Behinderung https://www.mapped.eu)
- Überprüfung und ggfs. Weiterentwicklung bzw. Neuausrichtung der bestehenden hochschulinternen Verantwortlichkeiten sowie der Austausch- und Abstimmungswege mit dem Ziel der Bündelung vorhandener Expertise
- Gezielte und rasche Kommunikation von möglichen Mobilitätsformaten an die definierten unterrepräsentierte Studierendengruppen zur langfristigen und verbindlicher Vorbereitung und damit mehr Planungssicherheit
- Erarbeitung konkreter Checklisten, Stakeholderverzeichnissen und Prozessen für Mobilitäten von unterrepräsentierten Studierendengruppen – auch im Austausch mit anderen Hochschulen
- Information über bestehende Möglichkeiten der Nutzung von Bildungskarenz für Auslandsaufenthalte und des Anspruchs auf Arbeitslosenunterstützung auch bei studienbedingtem Auslandsaufenthalt
- Identifikation relevanter interner und externer Stakeholdergruppen für eine heterogenitätssensible Mobilitätsförderung und Schaffung von Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung von unterrepräsentierten Studierendengruppen
- Prüfung der Schaffung einer Onlineberatungsstelle, die für die Beratung/Betreuung von Personen mit Beeinträchtigung zuständig ist
- Kommunikation von Mobilitätsthemen inkl. Testimonials unterrepräsentierter Studierendengruppen bzw. Integration dieser Themen in bestehende Datenbanken (z.B. https://www.mapped.eu) auch im Sinne des Mut Machens und des Motivierens
- Optimierung der Informationsflüsse innerhalb bestehender Hochschulnetzwerke/- verbünde (z.B. „Entwicklungsverbünde Lehramt“)
- Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs zur Mobilitätsförderung der Lehramtsstudierenden
- Einbindung lokaler Studierendenvertretungen der sendenden und empfangenden Hochschulen als möglichst niederschwellige Anlaufstelle vor Ort mit klar definierten Verantwortlichen und Informationsträgern innerhalb der Studierendenvertretung zum raschen und effektiven Austausch bzgl. der Herausforderungen im Kontext von Mobilität
- Förderung von hochschulinternen Peer-to-Peer-Netzwerken als zentrales Informations- und Support-Netzwerk für Fragen zur Mobilität von unterrepräsentierten Studierendengruppen
- Diversity-Schulungen für Botschafter/innen und Buddies zur Mobilitätsförderung von unterrepräsentierten Studierendengruppen
- Bereitstellung von ausgesuchten Erfahrungsberichten ehemaliger Auslands-Praktikant/inn/en mit Beeinträchtigungen als Motivation und Unterstützung bei der Suche nach spezifischen Praktikumsstellen (z.B. für Menschen mit Behinderungen) im Ausland mit dem Ziel des Aufbaus einer „inklusiven Praktikumsbörse“ (Hervorheben internationaler Unternehmen, die besonders inklusive und kontext-sensibel auf die Bedürfnisse dieser Gruppe eingegangen sind), wie z.B. bei https://www.mapped.eu
- Integration der empfangenden Institution (z.B. über das Career-Center) in die Vermittlung von Teilzeitjobs für mobile berufsbegleitend Studierende
- Berücksichtigung der Thematik „Mobilität von unterrepräsentierten Studierendengruppen“ in hochschulischen Partnerschaftsverträgen und bilateralen Agreements, ggf. auch im Sinne der Sicherstellung von dedizierten (Erasmus-) Plätzen für Studierende aus unterrepräsentierten Studierendengruppen im Rahmen dieser Partnerschaftsabkommen
Empfehlung 4
Optimierung finanzieller und rechtlicher Rahmenbedingungen für unterrepräsentierte Studierendengruppen
Es wird empfohlen, die derzeitigen Förder- und Anreizsysteme sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Bedürfnisse unterrepräsentierter Studierendengruppen zu überprüfen und anzupassen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die für diese Gruppen im Allgemeinen relativ höheren Mobilitätskosten. Weiters wird angeregt, sicherzustellen, dass die Information darüber für diverse Studierendengruppen zielgruppenorientiert zugänglich ist.
- Überprüfung und gegebenenfalls Ausbau der aktuellen Förderstrukturen basierend auf internationalen Vergleichen (z.B. Fördermodelle DAAD, Nuffic etc. sowie institutionelle Förderprogramme von Hochschulen im Europäischen Hochschulraum), für die entsendenden sowie die empfangenden Organisationen, v.a. aber für Outgoing-Studierende, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung von Mobilitäten von Personen mit Beeinträchtigung (z.B. bei Bedarf einer Assistenz vor Ort)
- Berücksichtigung der Anforderungen und Bedürfnisse von unterrepräsentierten Studierendengruppen bei der (Weiter-)Entwicklung und Ausschreibung neuer und bestehender Mobilitätsförderprogramme
- Entwicklung und Bereitstellung einer hochschul- und sektorenübergreifenden, kompakten Übersicht („Förderfinder“) zum raschen und sicheren Auffinden von Fördermöglichkeiten für die Mobilität unterrepräsentierter Studierendengruppen
Als Basis für die Ausformulierung der HMIS2030 wurden die im Rahmen der >> Themenfeldgruppen des >> HMS-Mobilitätsforums, des partizipativen Prozesses zur Weiterentwicklung der HMS2016 zur HMIS2030, zum Thema „Mobilität unterrepräsentierter Studierendengruppen“ erarbeiteten Vorschläge für Empfehlungen samt jeweiliger Maßnahmen thematisch gebündelt und aufbereitet.
Sie werden in dieser Form hier als wertvolle Ergebnisse des fachlichen Diskussionsprozesses sinngemäß dokumentiert und spiegeln die Sichtweise der in den Themenfeldgruppen vertretenen Hochschulexpertinnen und –experten wider.